Fidele Elf auf närrischem Höhenflug

Wiesbadener Traditionsverein übertrifft sich mit seiner Jubiläums-Eröffnungssitzung selbst

Bericht des WIESBADENER TAGBLATT vom 21. November 2005 von Kurt Buchholz

Das war ein Fastnachtsvergnügen, wie man es sich immer wünschte! Blank geputzt der Himmel der Narretei, kein Wölkchen, das störte. Und über allem die Sonne der Lebensfreude, die funkelte und strahlte, dass es die helle Freude war. Fidele Elf, was willst du mehr!

Denen, die in der fastnachtlich herausgeputzten Turnhallen-Narrhalla in Biebrich so treffsicher ihr Pulver verschossen und ein zündendes Feuerwerk bester närrischer Unterhaltung abbrannten, heftet ohnedies das Gütesiegel an, in absoluter Weise top zu sein. Denn eines ist sicher: Gäbe es so etwas wie einen Fastnachtshimmel mit Ehrenordnung nach Rang und Namen – die närrischen Spießgesellen der Wiesbaden-Mainzer Carnevalsgesellschaft Fidele Elf, die sich seit fünfzig Jahren fest im närrischen Sattel halten, säßen ganz obenan. Bei der Jubiläums-Eröffnungssitzung am Samstag Abend taten sie es ohnehin.
Da blühte er noch, der echte Kokolores, traf die Pointe zur rechten Zeit, marschierten sie auf in bunter Reihe, die Erzkomödianten und rhetorischen Schelme, die urigen Typen, volkstümlichen Bohemiens und liebenswerten Originale unter der Narrenkapp. Eine heiter-beschwingte Mischung aus Politik und Nonsens, augenzwinkernder Situationskomik und urwüchsiger Schelmerei, die mehr als anderswo im Bodenständigen, im eigenen Verein wurzelt. Der Stoff, aus dem fidele Fastnachtsträume sind.

Mehrere hundert närrisch Ambitionierte im Saal fünf Stunden lang unterhaltsam auf Tuchfühlung zu bringen ohne Durchhänger und Durststrecken, das will gekonnt sein. Ein Erfolg, der nicht zuletzt dem agilen, rhetorisch versierten Sitzungspräsidenten Wolfgang Weimann zu danken war. Wie der schlagkräftige Obernarr seinen Elferrat auf Zack und die Fäden der eindrucksvollen Narrenschau fest in der Hand hielt, stets eine treffsichere Pointe auf Lager und für jede Situationskomik gut, das war schon hörens- und sehenswert. Großartig aber auch das Publikum an diesem Abend, dass in Scharen nach Biebrich geströmt war, mitsang, klatschte und schunkelte, dass die Wände der Turnhallen-Narrhalla nur so wackelten. “Wenn das Wasser im Rhein goldener Wein wär…” Ja, wenn. Doch der Rheingauer Riesling in der Flasche tat´s auch.
Schlag auf Schlag ging´s in der Biebricher Turnhallen-Narrhalla, die Fastnacht allerbester Güte sah. Die Fidelen Elfer schunkelten mit Stimmungssänger Karl-Heinz Ohnhaus und seiner Enkelin Saskia Schulz schnurstracks in den siebenten Himmel, ließen sich vom instrumentalen Marsch-Musikzug der Prinzengarde mit Pauken und Trompeten auf närrische Drehzahl bringen und jubelten dem Tanzmariechen Kathrin Eller-Bellersheim zu, das mit Anmut, tänzerischer Eleganz und Partner Alexander Tonhauser über die Bühne wirbelte.

Ein Fastnachtsabend, der lange nachklingt, eine Sitzung wie aus einem närrischen Guss, die ein Großaufgebot bütten- und bühnenaktiver Unterhaltungs-Streiter im Rampenlicht sah: Klaus-Dieter Wahl als Body-Stylist mit den begnadeten Händen, der aus dem “Wartezimmer” plauderte und politische Seitenhiebe austeilte, Stefan Fink als herzerfrischender Weinfestbesucher mit respektablem Trink- und Fassungsvermögen, der auf der Riesling-Route närrische Achterbahn fuhr. Oder Klaus Bussau vom Schiersteiner Carnevalverein, der als “windiger” Dr. Humoris ins pralle, ganze Leben griff. Mit Michael Grossmann und Jürgen Steinemer erlebte das närrische Auditorium schließlich zwei “Tramps” von echtem fastnachtlichen Schlage. Wandlungsfähigkeit und tänzerisches Durchstehvermögen des urkomischen “Zwiegespanns” ließen das Narrenvolk im Saal fast aus dem Häuschen geraten.

Szenenwechsel – Labsal fürs Auge. Bildhübsche Mädchen im Gardemaß, schlank und rank, eroberten die Bühne: Das vorzügliche Garde-Ballett der Fidelen Elf, das sich an diesem Abend selbst übertraf, das vereinseigene Showballett, das den Les-Humphries-Singers alle Ehre machte, und last not least die hübsch kostümierten närrischen Küken der Kleinen Showtanzgruppe, die einen Wunsch frei hatten: “Ich wär´ so gern ein Fastnachtsclown.”

Einer der stärksten Eindrücke des ganzen Abends: Wolfgang Weimann im urkomischen Heringsgewand, der quecksilbrig babbelte, wie ihm der “Schnawwel” gewachsen war. Mimik, Rhetorik, närrisches Wandlungsvermögen – hier stimmte alles. Auch für Kurt Bender, den in die Prinzenrobe geschlüpften närrischen Komödianten galt das. Sein Rollenspiel: Ein Meisterstück. Beifallsstürme aber auch für Georg Eder, das dritte närrische Schwergewicht im Bunde, dem die Rheingauer Winzerrolle besonders gut zu Gesichte stand. Kunststück: Der Profi im Rampenlicht, der eitel Narrengold in der Bütt verzapfte und eine Pointe nach der anderen bastelte, ist Winzer und somit vom Fach. Raketen und Zugabe-Rufe für ihn wollten fast kein Ende nehmen.

Stimmungsfinale dann mit den singenden Kellermeistern aus Kastel und einem hervorragend choreographierten Gemeinschaftstanz der vereinseigenen Balletteusen, der eigens für die Jubiläumskampagne einstudiert worden war. Da fiel dem Sitzungspräsidenten Wolfgang Weimann das Lob aus berufenem Mund leicht: “Wir sind stolz darauf, einen großen Teil unseres Programms aus eigenen Reihen gestalten zu können.” Und Ehrenvorsitzender Walter Herrmann fügte hinzu: “Das schafft nur die Fidele Elf.”